Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) wurde bereits am 2003 eingeführt und somit wurde die gesetzliche Grundlage erschaffen, auch das komplette BGG in die Deutsche Gebärdensprache zu übersetzen. Unter der Führung von Jürgen Dusel als Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung wurde das Projekt von yomma und Gebärdenwerk nun endlich umgesetzt. Ein wichtiger Meilenstein für die Rechte gebärdensprachiger Menschen!
Hier finden Sie die Videos des BGG in DGS
Als einer der beiden Übersetzer ist Mathias Schäfer für die Realisierung der Videos verantwortlich. Er und sein Kollege Benedikt Sequeira Gerardo sind selbst taub und staatlich geprüfte Übersetzer. Somit sind sie Experten für eine sehr gute Übersetzung der komplizierten juristischen Texte für Taube.
Lesen Sie das Interview mit Herrn Schäfer nach:
yomma: |
Du warst ja für die Übersetzung des BGG Projekts verantwortlich, richtig? Und es ist die erste Übersetzung überhaupt? |
Schäfer: . . |
Ja, war ich. Und ja, richtig, es ist die erste vollständige Übersetzung überhaupt. Es hat mal eine Art von Zusammenfassung der Inhalte gegeben, soweit ich mich vage erinnern kann. |
yomma: | Die Übersetzung eines solchen Textes ist sicher eine riesige Herausforderung gewesen. Kennt ihr euch mit juristischen Fallstricken und Windungen so gut aus, dass es mit allem glatt lief. Oder wie habt ihr das gemacht? |
Schäfer: . . . . . . |
Natürlich haben Benedikt und ich nicht alleine an der Übersetzung gearbeitet, für die fachliche bzw. juristische Expertise haben wir einen Profi mit ins Boot geholt und uns an problematischen Stellen von ihm beraten lassen. Er hat uns einige wichtige Grundlagen erklärt, u.a. was die Unterschiede der Absätze, Artikel, Sätze etc. sind, also allgemein der Aufbau der Gesetzestexte. Auch gibt es Unterschiede in den Kann-, Soll-, Muss-Prinzipien. |
yomma: | Was waren die Herausforderungen der Übersetzungsarbeit dabei gewesen? |
Schäfer: . . . . . |
Es hat so viele Anweisungen und Hinweise gegeben, wie die Übersetzung insgesamt aufgebaut sein soll, wie Abschnitte oder Pausen gemacht werden sollen. Es hat auch genaue Zeitvorgaben gegeben, wie ein Abschnitt übersetzt werden soll – nicht zu lang aber auch nicht zu kurz. Für mich persönlich hat mir dieses Projekt einen Sprung in meiner professionellen sowie beruflichen Entwicklung gegeben. In meinen Arbeits- und Denkprozessen waren die Sprachen DGS und Deutsch immer sehr getrennt voneinander aktiv. Nun fällt es mir viel leichter, zwischen den beiden Arbeitssprachen zu wechseln und sie zu verbinden. Dieser Wurf ins eiskalte Wasser hat meiner Entwicklung einen enormen Schub nach vorne gegeben. |
yomma: | Was hat dir Spaß gemacht? |
Schäfer: . . . . . |
Für mich war es eine Ehre, dass ich bereits an so einem anspruchsvollen Projekt arbeiten durfte, obwohl ich erst weniger als ein Jahr den Abschluss zum staatlich geprüften Übersetzer und Dolmetscher in der Tasche habe. Wir waren auch überrascht, wie schnell wir fertig geworden sind – so sehr waren wir im Workflow und tief in der Arbeit gewesen. |
yomma: | Ist die Übersetzung der BGG wichtig für Taube? Wenn ja, warum? |
Schäfer: . . . . . |
Viele Taube können aus verschiedenen Gründen nicht so gut Deutsch und können das BGG nicht verstehen. Das ist nicht gut, denn die Menschen mit anderen Behinderungen verstehen viel mehr und können sich auf dieses Gesetz berufen. Dann können sie viel besser auf ihre Rechte pochen oder diese erkämpfen. Das passiert bei uns Tauben bislang leider noch nicht ganz. Deshalb denke ich, wenn das BGG erstmal in Gebärdensprache übersetzt worden ist, dann haben alle Taube einen gleichwertigen Zugang zu diesem wichtigen Gesetz. Dann könnte es zu einem wichtigen Werkzeug für unseren Kampf um unsere gesellschaftliche Teilnahme werden. |
yomma: | Geht nicht die Schönheit der Gebärdensprache durch die trockene Formulierungen juristischer Texte verloren? |
Schäfer: . . . |
Nein, im Gegenteil. Würden alle Hörende gebärden können, würden sie juristische Texte in Deutscher Gebärdensprache bevorzugen. Denn sie sind nicht nur schöner, sondern auch verständlicher. |